Unser sehr geschätzter Kollege Axel Haming ist kurz vor den Sommerferien in den Ruhestand verabschiedet worden, der nun mit der Freistellungsphase seiner Altersteilzeit beginnt. Wir führten mit ihm ein eindrucksvolles Gespräch über die Sichtweise auf seinen Beruf. Vorab sind hier jedoch einige Eckdaten zu seinem Werdegang:
Geboren 1962 in Thuine, wuchs Axel Haming in Lingen auf. Nach dem Besuch der Marienschule (Grundschule) und des Georgianums machte er 1981 Abitur. Es folgten ein 15-monatiger Wehrdienst und die Aufnahme eines Jura-Studiums in Berlin und Münster – „ich wollte immer Anwalt sein, am liebsten Strafverteidiger“ – das er jedoch aus verschiedenen Gründen nach vier Semestern wieder abbrach. Stattdessen begann Axel Haming eine dreijährige Ausbildung als Buchhändler bei Holzberg in Lingen – Berufsschule in Osnabrück – welche er 1987 abschloss: „Wie ich dazu gekommen bin, weiß ich gar nicht mehr. Doch ich fand es super, es hat mir sehr gut gefallen.“ Noch während seiner Lehrzeit führte er nach dem frühen Tod seiner Eltern zwischenzeitlich auch deren Nachtlokal in der Innenstadt.
„Ich hatte die Idee, selbst Buchhändler auszubilden. Deswegen entschloss ich mich danach für ein Lehramtsstudium mit den Fächern Wirtschaft und Deutsch in Aachen.“ Dieses beendete er 1993 erfolgreich. „Ich habe es immer als ein großes Privileg empfunden, studieren zu können, und ich fand meine Studienzeit top“, erinnert sich Axel. Nun heiratete er seine Anne und trat im Herbst desselben ereignisreichen Jahres 1993 sein zweijähriges Referendariat an unserer Schule an, die er bereits aus einem Praktikum kannte. Deren Leitung hatte wenige Monate zuvor Frau Dühnen übernommen.
Eine Planstelle war jedoch anschließend nicht frei, sodass Axel zwei Jahre bei der DEULA in Freren verbrachte, wo er junge Menschen, überwiegend Spätaussiedler aus Osteuropa, in Lehrgängen zur Berufsorientierung betreute. Im August 1997 ging Axel dann zur BBS Ahaus, zu der er sechs Jahre pendeln sollte: „Es war eine sehr schöne Zeit in Ahaus. Ich habe dort an einer technischen Berufsschule gearbeitet, wo auch kaufmännische Fächer unterrichtet wurden. Die Schüler, z. B. in Klassen für Tischler und Landmaschinenmechaniker, habe ich als sehr angenehm und positiv in Erinnerung.“
Zu seiner wegen des weiten Fahrtweges gewünschten und wegen bürokratischer Hürden gar nicht so leicht durchzusetzenden Versetzung an unsere BBS kam es dann im Jahr 2003. Hier brachte er sich sofort ein, z. B. als Personalrat. Er wurde Klassenlehrer in der Berufsfachschule und viel im Einzelhandel eingesetzt, aus dem er als gelernter Buchhändler selbst stammte. Sein 25-jähriges Dienstjubiläum beging er 2019.
Wie hast du selbst deine Rolle als Lehrer gesehen?
„Der Schüler stand bei mir immer absolut im Mittelpunkt. An erster Stelle ging es mir darum, dass es dem Schüler gut geht. Bei mir lief vieles über die persönliche Beziehung zu den Schülern. Ich versuchte immer ein offenes Ohr für ihre Probleme zu haben, ich konnte vielen Schülern ansehen, wenn sie etwas belastete. Nicht selten habe ich dann das Gespräch dem Unterrichtsstoff vorgezogen. Denn ich glaube, dass es nichts bringt, wenn der Schüler gedanklich woanders ist und dem Unterricht deswegen sowieso nicht folgen kann. Das ist mir im Feedback der Schüler auch immer wieder als positiv gespiegelt worden.“
Kannst du das noch weiter ausführen?
„Augenhöhe war immer entscheidend für mich. Ich habe mich selbst nicht so wichtig und nichts persönlich genommen. So ist es mir in all den Jahren immer gelungen, auch mit den ‚schrägen Vögeln‘ klarzukommen, genauso wie mit den sogenannten ‚Lernwilligen‘. Denn wir kritisieren genug. Mir kam es immer darauf an, etwas Positives zu sagen und Mut zu machen, gerade auch denen, die unangepasst, eigenwillig und manchmal auch nervig waren. Diese Art meines Umgangs haben die Schüler sehr geschätzt und mit vielen ehemaligen bin ich bis heute in Kontakt.“
Auf die vielen Beispiele aus seiner Tätigkeit als Lehrer kann hier natürlich nicht eingegangen werden. Stattdessen noch zwei weitere Fragen an Axel Haming: Was bleibt dir in schlechter, was in guter Erinnerung aus den letzten Jahrzehnten?
„Die Corona-Zeit war schwierig, weil es da nicht leicht war, eine Beziehung zum Schüler aufzubauen. Und mit Lernformen, in denen die Interaktion zwischen Schüler und Lehrer beeinträchtigt wird, habe ich meine Schwierigkeiten. Und was mich an Schule auch gestört hat, ist das permanente Bewerten und Benoten. Schüler tragen teilweise Rucksäcke mit sich herum, von denen wir nicht wissen, was drin ist. Und zum Beispiel im Einzelhandel malochen sie oft so, dass ich vor ihnen nur meinen Hut ziehen kann. Doch wir maßen uns an, auch noch ihr Sozialverhalten zu beurteilen.“
Und worauf blickst du auf der anderen Seite positiv zurück?
„Positiv sind die wahnsinnig vielen Sozialkontakte, die ich gewonnen habe. Dabei waren 99 % der Schüler sehr nette, angenehme Menschen. Vielleicht waren es auch nur 95 %, doch in all den Jahren kann ich mich nur an einen einzigen Schüler erinnern, vor dem ich regelrecht zurückgeschreckt bin. Sehr positiv finde ich auch das Kollegium, das ich als wirklich ‚kollegial‘, menschlich und wertschätzend empfunden habe.“
In Zukunft wird Axel Haming mehr Zeit dafür haben, sich außerhalb von Schule und dafür ohne Verpflichtungen zu engagieren. Dass er neben anderen Tätigkeiten seit Jahren eine syrische Familie begleitet oder sich im Freiwilligenzentrum einbringt, erwähnt er nur nebenbei. Am Tag unseres Interviews kam er vom allmorgendlichen Frühschwimmen. Zu seinen Hobbys gehören zum Beispiel das Klavierspielen, Volleyball sowie Skat und Doppelkopf. Wir werden Axel in der Schule vermissen – nicht nur als gewissenhaften, respekt- und verantwortungsvollen Kollegen, sondern auch als geistreichen, pointierten und sehr angenehmen Gesprächspartner. Von Herzen alles Gute und bis hoffentlich ganz bald!